Motivation für Schauspielende

Auszug aus einem Gespräch mit Schauspielerin Simona Theoharova, 34 Jahre

Vor ein paar Jahren habe ich an einem Casting-Workshop teilgenommen. Sein Thema war „Motivation für Schauspielende“. Was die Leiterin des Workshops aber geschafft hat, war uns die ganze Zeit zu demotivieren. Ihre ganze Art war so: wenn irgendwer etwas gespielt hat, das nicht nach ihrem Geschmack war, hat sie die Person vorgeführt und gesagt, das solle jetzt mal jemand anderes spielen, um zu zeigen, wie das richtig geht. Neben diesen persönlichen Rückmeldungen zum Spiel gab es zudem einen generellen Teil, in dem sie uns erklären wollte, wie die Branche funktioniert. Dabei hat sie uns eingetrichtert, dass man sich bei Castings und vor Drehs dringend um sein Äußeres kümmern müsse: zum Friseur gehen, sich die Nägel machen und ganz wichtig: „auch sowas hässliches wie Oberlippenbärtchen wegmachen“. Das wolle keiner sehen bei Frauen und das wäre auch ein Ausschlusskriterium bei Castings. Sobald sie das ausgesprochen hatte, war sofort eine gewisse Beklemmung im Raum, jede hat sich selbst angefangen zu prüfen. Auch ich habe, als ich wieder Zuhause war, sofort in den Spiegel geschaut, ob mir denn Haare auf der Oberlippe wachsen. Vorher hatte ich noch nie daran gedacht, überhaupt mal darauf zu achten und mir war auch nie etwas aufgefallen. Jetzt bekam ich plötzlich Panik deswegen und dachte „Oh Gott, man sieht da ein paar Härchen“ und „Uhh, sieht das hässlich aus“. Das denkt man ja sofort, wenn man plötzlich auf etwas hingewiesen wird, was dann als nicht weiblich und nicht schön betitelt wird.

Zum Glück konnte ich das relativ schnell als absurd abstempeln, weil ich von Grund auf eine zwiegespaltene Meinung zu Kosmetiksachen habe. Trotzdem ertappe ich mich ab und zu noch dabei, dass ich einen prüfenden Blick auf meine Lippen werfe, wenn ich mir Filme anschaue, in denen ich mitspiele. Ich finde es ziemlich erschreckend, wie schnell und nachhaltig ich beeinflusst wurde – vor allem von einer Frau, die mir noch nicht mal sympathisch war.

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